Nachdem es um den Bitcoin drei Jahre lang recht still geworden war, meldete sich die älteste Kryptowährung von allen 2020 zurück. Nach dem dritten sogenannten Halving im Mai ging es wieder aufwärts mit BTC – zu guter Letzt bis auf über 60.000 US Dollar. Den eingefleischten Bitcoin-Fans gab diese Entwicklung Recht, und andere Kryptowährungen profitierten auch dieses Mal vom Aufschwung. Angesichts sagenhafter Kursgewinne etwa bei Dogecoin fragen sich Anleger natürlich, wie und mit welchen Coins man von derartigen Krypto-Preisen profitieren kann. Eine weitere, in diesem Zusammenhang ebenfalls häufiger gestellte Frage ist, woher Kryptowährungen eigentlich ihren Wert erhalten.
Währungen: Was steht dahinter?
Kryptowährungen unterscheiden sich von nationalen Währungen, dem Fiat-Geld, in verschiedenen Punkten. Denn Fiatwährungen sind auf die eine oder andere Weise konkret besichert. Bis zum Ersten Weltkrieg geschah dies durch tatsächliche Goldreserven der Staaten, doch die enormen Rüstungsausgaben und Wiederaufbaukosten führten dazu, dass die Länder schrittweise auf den Goldstandard verzichteten. Es gibt zwar noch immer nationale Goldreserven, aber nicht in demselben Wert wie das in Umlauf befindliche Kapital in der jeweiligen Währung. Statt dessen erfolgt die Preisbildung von Fiatwährungen gegeneinander auf der Grundlage der ökonomischen Stärke der jeweiligen Volkswirtschaft, ihrer Produktionspotenziale und strategischen Ausrichtung. Gänzlich rational ist diese Bewertung allerdings nicht – denn der Kurs einer Währung kann allein auf der Grundlage politischer, regulatorischer oder wirtschaftlicher Tendenzen fallen.
Der Wert von Krypto-Coins
Und Kryptowährungen? Hier liegt die Sache ein wenig anders, denn es gibt ja keine nationale oder zentrale Instanz, die die Coins emittiert – jedenfalls in den seltensten Fällen. Die Coins und Tokens werden dezentral von den Nutzern auf der Grundlage der Blockchain verwaltet und sind im Grunde nur Code – eine lange, individuelle Zeichenfolge für jedes Guthaben. Wer entscheidet also darüber, wie sich der Bitcoin Kurs entwickelt?
Bei den meisten neuen Coins und Tokens, die an den Markt gehen, wird beim ICO, dem „Initial Coin Offering“, ein Erstverkaufspreis festgelegt. Genau wie beim Börsengang eines Unternehmens wird zuvor das potenzielle Interesse den Kapitalvorstellungen der Entwickler gegenübergestellt, auch der Mehrwert der neuen Coin ist ein wichtiges Element bei der Preisbildung. Fällt dann der Startschuss, greifen ausschließlich die Mechanismen von Angebot und Nachfrage. Legendär ist heute die Geschichte von dem Entwickler, der für eine Pizza mit zwei Bitcoin bezahlte – weil sich zu Beginn kaum jemand für das damals noch neue Konzept Kryptowährung interessierte. Im Frühjahr 2021 war diese historische Pizza dann 120.000 US Dollar wert.
Mehrwert und Nutzer-Interesse verleihen Kryptowährungen ihren Wert
Es kommt also darauf an, dass eine Kryptowährung Interesse weckt. Und das kann sie nur, wenn sie ihren Nutzern etwas bietet. Die Coins der zweiten und dritten Generation tun genau das. Sie begnügen sich nicht damit, eine Zahlungsfunktion auszufüllen, sondern bringen ein Geschäftsmodell mit. Sehr erfolgreich ist damit bis heute die Ethereum-Blockchain. Ethereum begründete die Smart Contracts – intelligente Verträge, die sich zu Nutze machen, dass Werte auf der Blockchain fälschungssicher sind. Vertragsabschlüsse, angefangen von simplen Käufen bis hin zur Abbildung kompletter Geschäftsprozesse oder Unternehmensbereiche, bedürfen auf diese Weise keiner Validierung durch Aufsichtspersonal oder Juristen, sondern werden buchstäblich zum Selbstläufer. Diese Vorteile der Blockchain nutzen inzwischen bereits zahlreiche Unternehmen für ihren Alltag, Ethereum gelang damit der Aufstieg unter die Top 10 der stärksten Coins nach Marktkapitalisierung.
Ähnlich erfolgreich sind andere Coins, die konkreten Probleme lösen wollen – etwa Ripple, das als Schnittstelle zwischen Fiat- und Kryptogeld gedacht ist, oder das Token IOTA, das als Zahlungsmittel im Internet der Dinge die Industrie 4.0 vorantreiben soll. Mit IOTA können intelligente Maschinen ihre Bedarfe weitergeben, Wartung und Ersatzteile anfordern und auch gleich zahlen.
Anleger-Erwartung und Irrationalität: Krypto-Coins sind genauso anfällig wie Aktien
Es ist also das Interesse bzw. die Nützlichkeit, die dazu beiträgt, dass einer Kryptowährung Wert zugestanden wird, dass sie in Umlauf gerät, gefragt bleibt. Dieses Konzept von Angebot und Nachfrage kann natürlich auch sehr skurrile Formen annehmen, wie im Fall von DOGE. Die Spaßwährung Dogecoin wurde eigentlich nur als Persiflage auf den Bitcoin geschaffen, hält sich aber seit rund acht Jahren zäh am Markt – unter anderem dank des Enthusiasmus der Nutzer. Die Coin mit einem Wert in der dritten Nachkommastelle des US Dollar entwickelte Ende 2020 auf einmal erstaunliche Dynamik und legte kurzzeitig um 1.800% zu. Der Auslöser dafür war einzig und allein das Interesse des Tesla-CEOs Elon Musk, der mit einigen Tweets das Interesse an DOGE anheizte.
Irrational? Ähnliches kann durchaus auch mit anderen Finanzinstrumenten geschehen. Auch an der Börse wird nicht der wirkliche Wert von Unternehmen gehandelt, sondern vor allem die Erwartungen, die die Anleger damit verknüpfen. Wie leicht es ist, auch hier die Preisbildung zu beeinflussen, demonstrierte eine abgesprochene Aktion von Kleinanlegern, die die Aktie des maroden Spiele-Anbieters GameStop unversehens in kaum vorstellbare Höhen trieb. Kryptowährungen unterliegen diesbezüglich also denselben Einflüssen wie andere Märkte auch.
Die Alternative: Stablecoins
Um die Preisbildung zu stabilisieren, gehen manche Kryptowährungen allerdings einen eigenen Weg. Die sogenannten Stablecoins sind „stabile“ Kryptowährungen, die 1:1 durch Fiatgeld besichert sind. Die bekannteste von ihnen ist Tether – die Bezeichnung ist ein Wortspiel mit dem englischen Wort für „anbinden“. Tatsächlich ist USDT an den US Dollar gekoppelt und repräsentiert damit einen verlässlichen Wert, wenn Anleger größere Beträge in Kryptogeld parken wollen. Eine der Schwächen des Konzepts ist die Frage nach dem tatsächlichen Dollar-Bestand des Unternehmens hinter Tether, denn wie sich herausstellte, ist die hundertprozentige Besicherung nicht gegeben, der Emittent investierte außerdem große Teile der Besicherung in fragwürdige Wertpapiere.
Dennoch sind Stablecoins ein gangbarer Weg – der letztlich auch vom Projekt des Digitalen Euro weiter verfolgt wird. Denn hier soll Nutzern die Sicherheit von Zentralbank-Geld auf digitalem Niveau geboten werden.
Fazit: Volatilität als Chance für Anleger bei Krypto-Coins
Kryptowährungen sind, wie wir hier erläutert haben, weniger an konkrete Assets gebunden als an das Interesse, die Nachfrage der Anleger. Auch bei Aktien kann das Anlegerinteresse – oder dessen Ausbleiben – Höhenflüge und Kursstürze verursachen, bei Kryptowährungen noch in weit größerem Ausmaß. Während neuere, wenig bekannte Coins deshalb auch wieder von der Bildfläche verschwinden können, haben es die bekannteren Werte geschafft, sich zu etablieren. Wenn du Ether oder Bitcoin kaufen willst, hast du also die Möglichkeit, zu relativ niedrigen Preisen einzusteigen und später mit Gewinn wieder zu verkaufen. Dazu musst du die Stimmung an den Märkten und die nahfristigen Entwicklungen allerdings gut abschätzen können.